Die neoklassizistischen Möbel des 19. Jahrhunderts brachen mit den überladenen Formen des früheren Rokoko und Barock und brachten die klassische Reinheit, die Proportionen und die Eleganz der antiken griechischen und römischen Kunst zurück ins Möbeldesign. Dieser Stil markierte nicht nur einen ästhetischen, sondern auch einen ideologischen Wandel: Im Einklang mit der Aufklärung wurden Rationalität, Ordnung und Einfachheit bevorzugt.
Der Neoklassizismus entstand Ende des 18. Jahrhunderts, erlebte aber seine Blütezeit in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, insbesondere während der napoleonischen Zeit, als er als Empire-Stil bekannt wurde. Die Hauptmerkmale der neoklassizistischen Möbel des 19. Jahrhunderts waren dekorative Elemente, die von antiken Motiven sowie von der Architektur und Kunst der klassischen Welt inspiriert waren – wie etwa Säulen, Pilaster, Löwenköpfe, Greifen, Lorbeerkränze, geometrische Muster, Vasen und Figuren aus der Mythologie. Die verwendeten Materialien waren hauptsächlich Mahagoni und andere dunkle exotische Hölzer, die oft mit Bronze-, Kupfer- oder vergoldeten Metalleinlagen verziert waren. Die Sitzmöbel waren mit Seide, Brokat und Damast gepolstert, oft mit gestreiften oder klassischen Mustern. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es eine Reihe talentierter Möbelhersteller, die den neoklassizistischen Stil auf ein hohes Niveau brachten. Zu ihnen gehörten Georges Jacob (1739-1814) und seine Söhne, die in Paris arbeiteten und zu den einflussreichsten Vertretern des neoklassizistischen Stils gehörten. Sie waren die offiziellen
Möbellieferanten des napoleonischen Hofes. Charles Percier (1764-1838) und Pierre-François-Léonard Fontaine (1762-1853), die zwar in erster Linie Architekten und
Innenarchitekten waren, entwarfen aber auch einige der einflussreichsten Empire-Möbel, die den Geschmack des damaligen Europas maßgeblich prägten.
Die Chaiselongue – wörtlich „langer Stuhl“ – ist ein Möbelstück zwischen Sofa und Sessel, das eine bequeme, halb liegende Position ermöglichte. Die neoklassizistischen
Chaiselongues des 19. Jahrhunderts waren ausdrücklich elegant und wiesen häufig Tiermotive auf, insbesondere die Schwanendekoration. Ein charakteristisches Merkmal
davon ist die Form der Armlehnen oder Beine, die den elegant geschwungenen Hals und Kopf eines Schwans darstellen. Diese Verzierungen bestanden entweder aus Bronze oder waren kunstvoll geschnitzt und wurden durch Vergoldung hervorgehoben. In der antiken Mythologie wurde der Schwan mit Apollo und Aphrodite in Verbindung gebracht, er war ein Symbol für Schönheit, Eleganz und Reinheit und passte daher perfekt zur neoklassizistischen Ästhetik. Diese Art von Möbeln wurde hauptsächlich von der Aristokratie und dem wohlhabenden Bürgertum verwendet. Oft wurden sie in Salons, Boudoirs, Bibliotheken oder Schlafzimmern platziert, wo sie dem Lesen, der Entspannung oder ungezwungenen Gesprächen dienten. Sie waren besonders bei Frauen beliebt, da sie bequem darauf sitzen konnten, ohne dass ihre Kleidung zerknitterte. Frankreich war die Wiege dieses Stils, vor allem Paris, wo Aufträge des Hofes und der Aristokratie für seinen Aufschwung sorgten. Der Empire-Stil war auch in England einflussreich, wo er als Regency-Stil bekannt wurde. Der neoklassizistische Stil ist auch in Russland, Italien, Deutschland, Österreich und den Vereinigten Staaten weit verbreitet, allerdings mit lokalen Besonderheiten und Interpretationen.
In unserer Werkstatt sind so schön gearbeitete Möbelstücke eher selten. Dieses anmutige Schwanenbett wurde komplett zerlegt und so weit wie möglich nach den Anforderungen der damaligen Zeit erneuert. Die Holzteile der Sitzfläche waren gebrochen und mussten einfach neu geformt werden, so beschädigt waren sie. Ihre Verleimung war langwierig und zeitaufwendig, und das Polieren erforderte aufgrund der sanft geschwungenen, schönen Formen des Schwans besondere Sorgfalt und Präzision. Die Polsterung war die perfekte Wahl des Kunden, eine wunderschöne kirschrote Seide mit goldenen Verzierungen. Leider werde ich vor Ort keine Fotos machen können, so dass ich mich mit den Fotos aus der Werkstatt begnügen muss, aber es ist trotzdem schön.
